Diskussion auf dem 30. Kongress des Berufsverbandes für Arthroskopie (31.1.-01.2.2020, Düsseldorf)
Es ist eine Crux. Während Krankenkassen mit Gesundheitskursen, Tanz-Contests und Work Life Balance werben, sehen Orthopäden, dass ihre Patienten ambulant nicht-operativ nur noch Anspruch auf eine Minimalversorgung haben. In Zukunft wird es eine knallharte Rationierung für GKV-Patienten beim Orthopäden geben, wenn sich nicht schnell etwas ändert.
Rund 88 Prozent der Ärzte einer Umfrage unter Orthopäden sind der Meinung, dass die öffentliche Aufklärung der Versicherten über die wahren Leistungsgrenzen des Gesundheitssystems schlecht ist. Über 58 Prozent meinen sogar, dass das Gesundheitssystem in seiner jetzigen Form auf Dauer nicht überlebensfähig sein wird.
Der Grund: Im Sozialgesetzbuch (SGB V), Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung, heißt es: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.“ Prof. Dr. med. Jan-Dirk Rompe vom Orthomedicum Alzay /Rheinland- Pfalz, weist darauf hin, was das heißt: „Eine Leistung ist ausreichend, wenn sie geradeso genügt, einen Behandlungserfolg zu erzielen. Und wirtschaftlich bedeutet, dass eine Leistung unter Einsatz von geringem Aufwand an Kosten erbracht wird.“
Doch wie soll das gehen? Die Orthopäden fordern dazu auf, nachzudenken über ein Gesundheitssystem, in dem der ambulante Fallwert pro orthopädischem Kassenpatient und Quartal 50 Euro beträgt und damit so hoch ist wie 1985.
Weiterhin müsse man jedoch auch nachdenken über Behandlungsleitlinien, die dem widersprechen, weil diese fachlichen Standards viel teurer sind. Ärzte sind jedoch verpflichtet, eine Behandlung nach den bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erbringen. Dies ist wiederum im § 630a Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Rechtlich gesehen geht der Gesetzgeber also immer von einer optimalen, nicht von einer wirtschaftlich vertretbaren Behandlung aus. Im Zweifel gehen daher medizinische Behandlungsstandards vor ökonomische Möglichkeiten. Der Praxis-Arzt steckt dann im Dilemma.
So sind die Orthopäden mehrheitlich der Meinung, dass die Budgetierung von Heil- und Hilfsmitteln längst eine medizinisch korrekte Behandlung der Patienten einschränkt. Viele vergeben zum Teil wochenlang keine Termine an Kassenpatienten, weil das Budget ausgeschöpft ist und kein Geld der Krankenkassen für eine adäquate Behandlung mehr zur Verfügung steht.
Aber auch dies ist rechtlich unzulässig, genauso wie die Tatsache, dass ein niedergelassener Arzt nicht streiken darf.
Dies könnte, so Rompe, in der Zukunft zu einer knallharten Rationierung der Leistungen für GKV-Patienten beim Orthopäden führen, zum Beispiel nicht mehr als 3 Kurztermine pro Quartal, kaum Verordnung von Krankengymnastik, kaum Verordnung von Schmerzmitteln. Spritzen, Chirotherapie, Stoßwellentherapie, Zweitmeinung, Atteste, Hilfe bei Rehaanträgen und vieles mehr – wird es dann nicht mehr geben.
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