FinanzenInvestitionen 5 Redaktion 28. November 2019
Es kann ja durchaus einmal passieren, dass wir ein umfangreiches Aktiendepot vererbt oder geschenkt bekommen. Neben inländischen sind auch ausländische Papiere enthalten. Nach einer Weile schickt uns das Finanzamt dann einen Erbschafts- bzw. Schenkungssteuerbescheid. Prima, denn wir wollten schon lange eine Immobilie erwerben oder die Hypothekendarlehen oder andere Schulden minimieren oder ganz tilgen. Wie gelegen kommt es da, dass wir das Depot überschrieben bekommen haben, das an unsere Bank übertragen wurde und über das wir frei verfügen können. Und da die ausländischen Papiere so gut aussehen und auch weit im Plus stehen, wollen wir diese verkaufen. Also beauftragen wir unsere Bank, diese ausgewählten Auslandsaktien zu veräußern. Ist ja sicher kein Problem … oder etwa doch?
Die Nachteile einer exotischen Diversifizierung
Über den heimatlichen Tellerrand schauen, breit diversifizieren, bringt mehr Rendite, und auch das Risiko ist dabei besser gestreut – so oder so ähnlich lautet das Mantra eines jeden Wertpapierberaters, und so wird es auch in Börsenbriefen und in der Fachliteratur publiziert. Das führte dazu, dass die deutschen Anleger immerhin rund 108 Milliarden Euro in ausländische Aktien investiert haben gegenüber ca. 220 Milliarden Euro in inländische Papiere. Diese aktuellen Zahlen der Deutschen Bundesbank zeigen, dass deutsche Anleger also durchaus über den berühmten Tellerrand schauen und ausländische Wertpapiere auch außerhalb der EU bzw. Europas erwerben.
Aber müssen es denn unbedingt Aktien aus Ägypten, Chile, Vietnam oder von anderen kleineren und unbedeutenden Börsen sein? Nun liegt es der NDAC-Anlegergemeinschaft zwar fern, die Bedeutung dieser Märkte für die Entwicklung der jeweiligen Volkswirtschaften zu unterschätzen, aber international spielen sie nun mal nicht die erste oder zweite Geige.
Und so kann es passieren, dass sich der Verkauf solch exotischer Aktien, die vor Jahren einmal für das Depot erworben wurden, schwierig bis unmöglich gestaltet. Es ist dann auch keine Seltenheit, dass die Depotbank sagt, diese Aktien handeln wir nicht mehr. Und Handeln betrifft zwar den Kauf, aber zum Leidwesen der jeweiligen Anleger auch den Verkauf.
Die Alternativen
Wird ein Wertpapier von der eigenen Bank nicht mehr verkauft, besteht die Lösung im Übertrag des jeweiligen Bestandes auf einen anderen Broker: entweder das ganze Depot, wenn alle Aktien dort gehandelt werden, oder nur der Teil, der beim bisherigen Broker nicht mehr gehandelt wird.
Vorher hilft ein Blick auf den Freiverkehr an der Frankfurter Börse oder noch besser an der Börse in Berlin. Warum Berlin, wird sich jetzt mancher fragen; die Musik spielt doch in Frankfurt. Die Berliner Parkettbörse hat sich aber als einziger deutscher Börsenplatz auf ausländische Werte spezialisiert. Und vielleicht hat der Anleger ja Glück, und der Handel mit dem betroffenen Wertpapier findet dort noch statt.
Umständlicher und schwieriger wird es dann, wenn die Aktien hierzulande gar nicht mehr handelbar sind. Aber deshalb sind solche Wertpapiere nicht gleich unverkäuflich. Denn in der Regel können Anleger die Papiere im Herkunftsland, also an der jeweiligen Heimatbörse, veräußern. Das mag jetzt zwar sehr exotisch klingen, wenn Anleger z. B. eine der sieben gelisteten Aktien an der Börse in Kigali im afrikanischen Ruanda oder eine der beiden Aktien der Börse in Phnom Penh/Kambodscha im Depot haben, aber es ist durchaus möglich, diese Exoten auch im Heimatland zu veräußern. Zudem ist es in fast allen Schwellenländern möglich, zu handeln. Und es ist gar nicht so abwegig, dort sein Glück zu versuchen, wo das Primärlisting stattgefunden hat. Denn meistens ist das Handelsvolumen an der Stammbörse am größten. Die Aktien können dort eine hohe Liquidität aufweisen. Im Idealfall erreicht man den Verkauf über die eigene Depotbank, sonst muss der Anleger sich einen Onlinebroker, Daytrader oder eine große Investmentbank (z. B. Goldman Sachs u. a.) suchen, die diesen Auftrag abwickeln.
Und noch ein Problem stellt sich für den Anleger: die Kostenfrage. Denn die Gebühren für solche Deals sind oft sehr hoch. Sie bewegen sich häufig in dreistelliger Höhe für einen Trade, v. a. wenn der Verkauf über das Telefon abgewickelt werden muss. Angesichts solcher Kosten ist wohl jedem klar, dass sich der Aufwand für ein paar Einzelaktien oder ein nur kleines Aktienpaket nicht lohnt.
Da ist es schon besser, nach einem Zweitlisting an den Weltbörsen zu suchen. Viele Exoten sind an der Nasdaq, NYSE, in Tokio oder London (noch) vertreten. Wer dort aktiv unterwegs ist und entsprechende Fremdwährungskonten besitzt, kann aufgrund der unterschiedlichen Spreads wegen der Zeitverschiebung Gebühren sparen.
Fazit
Wer also ein langfristiges Depot mit Auslandsaktien anlegt, der sollte immer auch die Handelbarkeit der Papiere beachten und am besten nur solche kaufen, die an den hiesigen Börsen gehandelt werden. Eine Kontrolle von Zeit zu Zeit ist nicht nur unter dem Aspekt der Kursentwicklung dabei immer angesagt. Wie eingangs schon erwähnt, müssen die Erben oder Beschenkten das Depot dann vielleicht ungewollt auflösen.
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